Freitag, 21. Juni 2013

Von Fakarava nach Toau

Donnerstag, 20. Juni 2013, von Fakarava Nord nach Toau, Anse Amyot

Um 0535 werfen wir die Maschine an und beginnen mit dem Einholen der Ankerkette. Die Dämmerung hat begonnen, aber es ist noch so dunkel, dass ich im Kettenkasten kaum etwas erkennen kann. Die Ankerwinsch hat wieder erhebliche Mühe und später stelle ich fest, dass nun offenbar auch der andere "Gang" des Relais den Geist aufgegeben hat und die Winsch nur noch den Saft aus den achteren Batterien über die langen Kabel zieht. Also muss ich wieder ordentlich mithelfen (Bizepstraining). Es ruckelt ein paar Mal, aber insgesamt bekommen wir Kette und Anker ohne größere Probleme an Deck, ohne dass die gestern angebrachte Leine am Bügel des Ankers zum Einsatz kommt. Müssen nur aufpassen, sie nicht in die Schraube zu kriegen.

Um 0545 ist der Anker aus dem Grund und jetzt sind wir fast etwas zu früh dran, um zu NW um 0732 am Pass zu sein. Also nur gerefftes Kuttersegel und wir fahren mit 4 Knoten dahin. Um Viertel nach Sieben sind wir im Pass, 17 Minuten vor angesagtem Stillwasser, haben aber immer noch 1 kn Strom mitlaufen. Macht aber nichts. Im Pass selbst - der fast eine Meile breit, aber nur eine Viertel Meile lang ist - ist es sehr ruhig, aber einige Hundert Meter weiter draußen hat es ziemliches Kabbelwasser und Strömungsstrudel, die uns aber nicht arg tangieren, sprich weder besondere Schiffsbewegungen noch Wasser an Deck verursachen. Weil enorm viel Wasser durch diesen Pass rein- und rausgeht, können aber enorme Strömungen und hohe Stehwellen entstehen. Deshalb ist es ratsam, die Passage bei Stillwasser oder zumindest nah dran, anzugehen.

Wir rollen die Kutterfock jetzt ganz aus und fahren mit 20 Kn Südostwind von achtern mit 5 bis 5,5 Kn "gemächlich" dahin. Im Schutz des Fakarava-Atolls ist die Welle noch unter 2 m, wird dann aber höher und die Rollerei nimmt zu. Den größten Teil der Fahrt segeln wir in etwa einer Meile Abstand an den wie an der Perlenkette aufgereihten Motus der Nordostseite von Toau entlang. Christine hat in der Nacht wenig geschlafen (Geräuschkulisse) und haut sich jetzt ein paar Stunden aufs Ohr. Gegen Mittag frischt der Wind auf 6 Beaufort auf, die Welle wird im Lee von Toau wieder kleiner und wir fahren mit halbem Wind nur unter der Kutterfock plötzlich 7 Knoten durchs Wasser. Um 13 Uhr sind wir vor unserem heutigen Ziel, dem falschen Pass, Anse Amyot, von dem ich zum ersten Mal im Buch der Iron Lady gelesen habe, die hier auch ein paar Tage verbrachten. Falscher Pass deshalb, weil diese Einfahrt zwischen zwei Motus auf der Westseite des Atolls (und damit meistens in Lee) von außen zwar wie ein Pass aussieht, aber keinen Durchgang zur Lagune hat, weil innen ein flaches Riff quer über die Enge verläuft. Damit ist diese "Bucht" bei den vorherrschenden östlichen Winden vor Seegang geschützt, während einem der Wind voll um die Ohren pfeift und der Blick freie Sicht auf die Lagune hat. Auf dem nördlichen Motu von unserem Liegeplatz gibt es ein paar Hütten, die von einer gastfreundlichen Familie bewohnt werden, wie wir gelesen haben. Internet gibt es natürlich nicht.

Um 1320 machen wir an einer der 7 oder 8 ausgebrachten Moorings fest, von denen nur eine durch eine englische Yacht belegt ist. So wenige Boote auf einem Ankerplatz hatten wir selten. Der Wind ist so frisch, dass ich mich zwei Stunden lang sträube, ins Wasser zu gehen, um die Mooring zu checken. Schließlich lege ich dann doch Flossen und Taucherbrille an und tauche das Ding die 8 oder 9 Meter bis zum Grund ab. Das Ergebnis ist sehr zufriedenstellend: Wir hängen an einer 30 mm Leine, die an einer durch einen dicken Korallenblock geschorenen Kette befestigt ist. Alles in gutem Zustand. Also werden wir wohl eine ruhige Nacht verbringen, ohne Rucken der Ankerkette, wenn sie über einen Korallenblock schrammt und wohl auch ohne großes Gewackel unseres Eigenheims zur See. Nur den Wind werden wir im Gebälk pfeifen hören. Heute haben wir keine Lust mehr auf einen Besuch an Land und bleiben an Bord.

Die Temperaturen sind übrigens mittlerweile so, dass man manchmal das Gefühl hat, man könne durchaus auch ein langärmeliges Shirt vertragen. Aktuell ist es bei uns mit etwa 28 Grad jedenfalls kälter, als in der Heimat, wo 34 Grad herrschen. Ist auch gar nicht weiter erstaunlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Sonne in Vorarlberg derzeit deutlich höher am Himmel steht, als bei uns hier in der Südsee. Am 21. Juni steht die Sonne senkrecht über dem 23. Breitengrad Nord. Das sind zu unserer Heimat auf 47 Grad Nord gerade mal 24 Breitengrade Unterschied, wohingegen die Sonne von unserem derzeitigen Standort auf 16 Grad Süd immerhin 39 Breitengrade entfernt ist. Anders ausgedrückt: In Feldkirch steht die Sonne jetzt mittags in 66 Grad Höhe über dem Horizont, bei uns nur in 51 Grad. Ganz logisch, kommt einem aber trotzdem seltsam vor.

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