Sonntag, 31. Mai 2015

1. Seetag nach Vanuatu. Kutterfall gebrochen

Samstag, 30. Mai 2015, von Malolo Lailai nach Aneityum, Vanuatu, 1. Seetag, 120 sm. In der Nacht auf Sonntag bricht das Fall der Kutterfock

Der Wecker klingelt um Halb fünf. Vor einer großen Tour schläft man meistens nicht gut, so auch heute. Christine meint, es komme ihr vor, als sei sie die ganze Zeit wach gewesen. Es ist noch dunkel, als wir den Anker aus dem Grund nehmen. Um 0540 fahren wir los, 2 Stunden unter Maschine bis zum Navula Pass. In der Durchfahrt kommt uns ein Containerfrachter entgegen, der gerade den Lotsen aufgenommen hat. Wir passieren ihn in höchstens 100 Meter Abstand.

Wir fahren unter Genua und gerefftem Groß. Der Wind legt langsam zu auf 22 Knoten, die Wellen erreichen 2,5 Meter und jetzt, wo wir die Sonnenseite von Fiji verlassen, ist es plötzlich zu 100 Prozent bewölkt und es nieselt sogar für eine Stunde. Wenn wir die Tour in 3,5 Tagen schaffen wollen, müssen wir am Anfang richtig Gas geben, weil wir Dienstag sehr schwachen Wind bekommen werden. Aber 9 Knoten durchs Wasser sind dann doch auf die Dauer zu schnell und ich wechsle die Genua gegen die Kutterfock und reffe das Groß auf 4 qm runter. Das Log zeigt immer noch oft über 8 Kn an und im Schnitt machen wir jetzt 7 kn über Grund. Das ist gut so, aber bei der Speed wird die Wellenlandschaft zur Buckelpiste. Ich hätte Christine gern bessere Bedingungen geboten. Zwar haben wir ein ziemlich reguläres Wellenbild und diesmal keine starke Kreuzsee, aber auf dem Halbwindkurs bockt der Kahn trotzdem und ich muss auch hin und wieder acht geben, dass mir nicht schlecht wird. Das Schreiben dieses Textes habe ich auch schon einmal unterbrochen. Auch gibt es hin und wieder Gischt, die von der Bordwand hochspritzt und auf dem Schiff und im Cockpit landet.

Das Wetter wird dann zunehmend sonniger und die Bewölkung zieht sich auf 50 Prozent zurück. Das ist immer gut für die Stimmung, auch wenn Christine davon wenig mitbekommt, denn sie liegt den ganzen Tag in der Koje, wo es ihr immerhin halbwegs gut geht, wenn das natürlich auch langweilig und nicht besonders komfortabel ist.

Die Nacht ist hell mit dem Fast-Vollmond und wir jagen immer noch flott dahin. Es ist 23 Uhr und ich bin gerade auf der Toilette, als die Bootsbewegungen plötzlich ruhiger werden und ich das Gefühl habe, dass wir langsamer fahren. Raus ins Cockpit und der Blick aufs Log zeigt 2,7 Knoten. Da stimmt was nicht. Blick zum Vorschiff. Heilige Scheiße. Die Kutterfock ist runtergekommen und schwimmt im Wasser. Da kann ja wohl nur das Fall gebrochen sein. Jetzt muss Christine doch aus der Koje und ich aufs Vorschiff. Also, Gurtzeug anlegen und los. Wieso muss das gerade in der Nacht passieren? Andererseits: Es scheint der Mond und es regnet nicht. Ich kann ohne Lampe arbeiten. Hätte auch noch schlimmer kommen können. Das Fall ist kurz überm Segelkopf durchschamfilt, wahrscheinlich in dem Bügel, den ich im vergangenen Oktober dort oben im Mast angebracht hatte, damit sich das Fall nicht um das Stag drehen kann. Das Segel ist sperrig und auf dem Vorschiff ist nicht viel Platz wegen des Dinghies, das dort liegt. Aber nach einer Dreiviertelstunde auf dem tanzenden Deck habe ich die Schoten abgeschlagen, die Fock an der Reling festgebändselt und die Genuaschoten durch die vorderen Rutscher mit den Verstellleinen geschoren. Erst als alles fast erledigt ist, bekomme ich - schon wieder im Cockpit - eine Salzwasserdusche. Na, das hätte jetzt nicht unbedingt noch sein müssen.

Nun also die Genua raus, allerdings nicht das volle Programm, sondern mit starkem Reff. Verzichten wir erst mal auf 7 Knoten und begnügen uns mit fünfeinhalb. Heute sind wir immerhin flott vorangekommen. 120 sm über Grund und 127 dW. Um Mitternacht sind es noch 332 Meilen.

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