Sonntag, 28. April 2013

Galapagos - Marquesas, 13. Seetag

Samstag, 27. April 2013, Galapagos - Marquesas, 13. Seetag, 154 sm, noch 1297 sm, ein Tag auf See mit viel Wind und Welle

Die Tage ähneln sich, wie der geneigte Leser ja zwischenzeitlich wohl schon festgestellt hat. Das liegt zum einen daran, dass wir in der letzten Woche mehr oder weniger dieselben Wetterbedingungen hatten. Zum anderen hängt es natürlich mit dem strukturierten Tagesablauf zusammen, den wir auf See haben. Damit hier mal etwas anderes steht, will ich heute einmal so einen Tag für Euch im Detail ablaufen lassen.

0000: Meine Wache beginnt um Mitternacht. Oft werde ich kurz vor Zwölf wach, oder Christine weckt mich. Manchmal lässt sie mich auch bis halb eins schlafen. T-Shirt und kurze Hose anziehen. Dabei muss man zum ersten mal im Laufe des Tages aufpassen, nicht von den Füßen gehauen zu werden. Wenn es arg zugeht, also besser im Sitzen anziehen. Als erstes folgt dann einmal ein Blick auf die Instrumente am Kartentisch: Windrichtung und- geschwindigkeit, Kurs und Speed (durchs Wasser und über Grund), gefahrene Seemeilen in den letzten Stunden. Ist auch alles stündlich im Logbuch handschriftlich festgehalten. Dann wird der Laptop hochgefahren, das Navigationsprogramm (openCPN) geöffnet, und ermittelt, welche Distanz über Grund wir in den letzten 24 Stunden zurückgelegt haben. Die Daten werden dann in eine Excel Tabelle übertragen, die diese Werte u.a. auch kumuliert, so dass ich jederzeit z.B. die Durchschnittsgeschwindigkeiten dieses Törns abrufen kann. Falls ich nicht schon im Laufe des Tages etwas getextet habe, schreibe ich nun den Blogbeitrag und die Positionsmeldung (wer es noch nicht wissen sollte: oben rechts im Blog kann man unter aktuelle Position unseren tagesaktuellen Standort in Google Maps oder Google Earth ansehen). Dann lege ich das Gebiet fest, für das ich den nächsten Wetterbericht abrufen will und schreibe ggfls. noch die eine oder andere email. Blogbeitrag, Positionsreport und Wetteranforderung werden in die Ausgangsbox gestellt, bevor das Funkgerät eingeschaltet wird. Dann muss eine passende Frequenz für die Übermittlung herausgesucht werden, wobei sich diese nicht täglich ändert. Derzeit geht alles auf einer zehntausender Frequenz via Panama in den Äther. Je nach Qualtität der Funkverbindung und der Länge der Reports geht die Ausgangspost in etwa 3 Minuten raus. Meistens kann ich in derselben Verbindung dann schon den angefragten Wetterbericht als Gribfile wieder empfangen. Das dauert auch ca. 3 Minuten. Ich frage jetzt immer ein Gebiet von 240 mal 840 Seemeilen (Ost-West) mit Schnappschuss für alle 12 Stunden, auf 5 Tage im Voraus ab. Das sind etwa 6 KB. Als Daten bekommen wir Wind nach Stärke und Richtung, Wellenhöhe und Regen. Die Winddaten werden als Pfeile mit Fähnchen dargestellt. Für diesen Kram brauche ich zwischen einer und eineinhalb Stunden. Zwischendurch immer mal wieder an Deck, um einen Blick in die Runde zu nehmen. Danach lesen (meistens im Salon) im iPad oder iPhone. Einmal habe ich bisher auch ein Video angesehen. Heute endlich mal "Der alte Mann und das Meer" gelesen.

0400: Je nachdem, wann Christine mich geweckt hat, versuche ich sie dann möglichst sanft aus ihren Träumen zu reißen, irgendwann zwischen 4 und 4 Uhr 30, damit sie in dieser Tiefschlafphase zumindest 4 Stunden am Stück schlafen kann. Seitdem sie kein Problem mehr mit der Seekrankheit hat, verbringt auch sie nun häufiger einen Teil der Nachtwache unter Deck. Hauptgrund dafür ist, dass man bei den starken seitlichen Bewegungen auf den Vorwindkursen unter Deck querschiffs sitzen kann, was deutlich bequemer ist. Im Cockpit sitzliegen wir immer längs auf den Bänken, entweder mit Blick nach achtern oder mit Blick voraus. In dem Fall dienen die Winschen als Rückenstützen, was mit zwei Kissen als Polster ganz gut geht. Allerdings kann es dabei passieren, dass man bei einer starken Schiffsbewegung in die Mitte katapultiert wird und sich möglicherweise am Tisch die Rippen oder sonst was anknackst. Ich schlafe währenddessen quer im Achterschiff. Das ist ungefähr so, als wenn man quer in einem Auto auf der Rückbank schläft, dass mit einem ziemlichen Tempo eine Serpentinenstrecke oder auf einem Testgelände Slalom durch Pylone fährt. Ein auf einer Kinderwippe längs über dem Drehpunkt montiertes Bett käme der Situation wahrscheinlich auch recht nahe. Allerdings müsste der Mittelpfosten, auf dem die Wippe (in Vorarlberg sagt man übrigens Gigagampfa dazu) lagert, etwa doppelt so hoch sein, wie das so üblich ist und die wippenden Kinder ziemlich Gas geben. Klingt doch gemütlich, oder?

0715: Spätestens jetzt muss mich Christine wecken, denn gleich beginnt die Funkrunde. Meistens bereitet Christine in ihrer Wache noch das Frühstück zu, was bei uns aus Joghurt mit Nüssen, Müsli und Früchten besteht. Noch haben wir einige Äpfel dafür auf Lager. Da die Capitana bestrebt ist, nun möglichst bald ins Bett zu kommen, frühstückt sie noch während ihrer Wache, während ich damit bis nach der Funkrunde warte.

0830: Das Beagle Netz trifft sich auf 8155 Khz. Bis alle 25 Boote ihre Positionen und sonstigen Neuigkeiten durchgegeben haben, ist schnell eine Stunde vorbei. Oftmals müssen Meldungen mehrfach wiederholt oder von anderen weitergeleitet werden. Ist schon interessant, wer da welche Fische fängt oder mit welchen technischen Problemen der eine oder andere zu tun hat. Anschließend koche ich mir einen grünen Tee und esse mein Müsli. Christine schläft meistens bis gegen 10 Uhr. Alle zwei Tage backt sie ein frisches Brot. Meistens kümmert sich Christine auch um das Mittagessen, wobei ich gelegentlich Unterstützung leisten muss, z.B. wenn sie für das Eier aufschlagen beide Hände benötigt. In dem Fall halte ich sie am Oberkörper fest, so dass sie nicht durch die Gegend fliegen kann. Ansonsten gilt auch beim Kochen: Eine Hand fürs Schiff (für die Sache, also hier z.B. für das Essen), eine Hand für den Mann (also zum festhalten). Bei einer so argen Schaukelei wie heute kommt das Saubermachen unter Deck eindeutig zu kurz.

1230: Meistens essen wir um diese Zeit zu Mittag, i.d.R. warm, seitdem die für Salate geeigneten Gemüsebestände der Neige zugehen. Da wir im Cockpit essen, muss alles an Deck gebracht werden. Entweder wir reichen uns die Dinge an, oder man muss sie einhändig an Deck tragen. Eine Hand für den Mann. Den Abwasch anschließend übernehme ich. Wir haben uns angewöhnt, immer etwas Abwaschwasser im kleinen Spülbecken stehen zu lassen (sofern es nicht zu dreckig ist), so dass wir immer sofort nach dem Gebrauch das Geschirr ohne allzuviel Wasserverbrauch abwaschen können.

1400: Bei sonnigem Wetter sind irgendwann um die Mittagszeit oder kurz danach die Batterien wieder voll, so dass ich Wasser produzieren kann. Unser Verbrauch liegt derzeit bei etwa 15 Liter pro Tag, die in einer Viertelstunde nachproduziert werden und 10 AH kosten. Danach ist noch genug Strom vorhanden, um elektrisch Wasser für unseren Nachmittagskaffee zu kochen und die Batteriebank anschließend wieder vollzuladen. Das elektrische Wasserkochen ist bequemer und sicherer, als das Hantieren mit dem Gaskocher, aber auch hier muss uns immer bewusst sein, was kochendes Wasser auf einem schwankenden Schiff anrichten kann. Schließlich sind wir in kurzen Hosen und barfuß unterwegs.

1500: Kaffee an Deck, meistens mit ein paar Keksen dazu. Alternativ oder zusätzlich ist das auch meistens die Zeit für mein Alster/Radler mit alkoholfreiem Bier aus dem Kühlschrank. Irgendwann am Nachmittag lege ich mich meistens noch eine oder zwei Stunden aufs Ohr, um etwas Schlaf nachzutanken. Christine sitzt dann an Deck und liest (meistens Paperbacks) oder hört Musik oder Hörbücher auf dem iPod. Derzeit haben wir mit dem eigentlichen Segeln nicht viel oder fast gar keine Arbeit. Die Genua steht ausgebaumt an Stb und die Hydro steuert. Wenn es mal einen Squall gibt, drehen wir die Genua etwas ein, aber das dauert gerade mal eine halbe Minute. Ansonsten tragen wir verschiedene Daten, wie Kurs und Fahrt, Position, Wetter und Wind mehr oder weniger stündlich ins Logbuch ein. Dann sitzen wir oft gemeinsam im Cockpit und plaudern oder lesen. Eine Kaltwasserdusche verabreichen wir uns meistens um diese Zeit im Cockpit.

1730: Abendessen an Deck, meistens in Form von belegten Broten. Während wir in der ersten Woche immer das ganze Brotzeitgerödel auf den Cockpittisch geschafft haben, bereiten wir seit einigen Tagen Canapees unter Deck vor. Spart "Transportaufwand" und Abwaschgeschirr. Außerdem kommen die Kühlschrankprodukte schneller wieder in die Kälte.

1815: Abendfunkrunde mit Alua und Lupa, danach um 1830 Beagle Net Funkrunde. Christine legt sich schlafen. Meine Wache beginnt.

2100: Nun beginnt Christines erste Nachtschicht. Ich lege mich schlafen. So schnell geht ein Tag vorbei.

Heute hatten wir viel Wind (20 bis 25 Knoten, also Stärke 6) und viel Welle (3,5 m). Der Vormittag war überwiegend dicht bewölkt, der Nachmittag sonnig.

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