Dienstag, 1. September 2015

Von Port Vila nach Mare, 2. und 3. Seetag

Montag, 31. August 2015, von Port Vila nach Maré. 2. Seetag, 126 sm (132 dW)

Die Nacht ist relativ ruhig, jedenfalls ohne Squalls. Unter Kutterfock und gerefftem Großsegel geht es mit 5 kn dahin. Um 5 Uhr setze ich die Genua, weil der Wind schwächelt und um sechs muss sogar der Motor mal für eine knappe Stunde laufen. Ab acht Uhr gibt's dann wieder Wind und speed und viel Sonne. Haben wir lange nicht gehabt. Aber wirklich keine einzige Wolke am Himmel, auch am Horizont nicht. Das geht so bis 16 Uhr, dann bewölkt es sich, der Wind dreht auf Nord und geht auf 10 kn zurück, d.h. nun kommt er von hinten und da ist das einfach zu wenig. Man könnte folgende Regel aufstellen: Wind von achtern unter 15 Knoten ist nichts (weil die Segel schlagen und man zu langsam ist), Wind von vorn über 15 Knoten ist auch nichts (weil man dann gewaltig "auf dem Ohr liegt", eine Materialschlacht veranstaltet und es äußerst ungemütlich an Bord wird).

Wir diskutieren und tüfteln lange an der Entscheidung, ob wir nun in Maré ankern oder doch gleich bis Neukaledonien durchfahren sollen. Den Ankerplatz könnten wir um 21 Uhr erreichen, aber für die Nacht steht Westwind zu erwarten und damit lägen wir auf einer Luvküste. Da der Wind später und in den nächsten Tagen auf Süd dreht, ist absehbar, dass dieser Platz sehr ungemütlich würde, und das nicht nur für ein paar Stunden. Die Alternative ist aber auch vertrackt, denn wir müssen mit auflaufendem Wasser durch den Havanna Pass im Süden Neukaledoniens. Bis wir dort ankommen, vielleicht gegen 8 oder 9 Uhr, hat der Wind aber auf Südwest gedreht und dann haben wir in diesem Ausgang der größten Lagune der Welt, in die jede Menge Wasser hineinströmen will, Wind gegen Strom. Und der Strom wird stark sein, denn wir sind kurz nach einer Springtide. Dann fällt uns eine Variante ein, an die wir bisher noch nicht gedacht hatten. Was wäre, wenn wir den Havanna Pass vermeiden und weiter südlich bei der Isle des Pins in die Lagune gehen? Ist etwas weiter, aber sicher unproblematischer. Wir holen noch einen neuen Wetterbericht und entscheiden uns dann für diese Lösung. Was jetzt nicht passieren darf, ist, dass der Wind früher als angekündigt auf Süd dreht. Und wenn er stärker als mit 10 oder 12 Knoten blasen würde, wäre unsere Wette auch nicht aufgegangen.

Damit das alles überhaupt halbwegs funktioniert, müssen wir leider lange motoren, denn die nicht ganz 4 Knoten, die uns der achterliche Wind erlauben würde, reichen nicht. 5 Knoten über Grund müssen es schon sein. Geschrieben um 20 Uhr.

Nach der durchwachten Nacht gestern bin ich ziemlich müde. Da die Bootsbewegungen angenehm sind und es Christine wieder besser geht, lege ich mich um 21 Uhr aufs Ohr. Der Motor dröhnt und ich kann ein paar Stunden schlafen ...



Dienstag, 01. September 2015, von

.. bis mich Christine um kurz nach Zwölf weckt. Gegenwind mit 20 Knoten. Scheiße, also ist unsere Wette nicht aufgegangen. Die Front ist 7 Stunden früher da, als vorhergesagt, und mit ihr Winddrehung und Regen. Gott sei Dank hatten wir, bevor ich mich hingelegt hatte, noch den Spi-Baum und die Genua weggenommen. Es baut sich ruckzuck eine steile Welle auf und da wird sofort klar, dass wir nicht noch 50 Meilen unter Maschine gegenan nach Süden fahren können.

Also doch wieder zu Plan A, sprich zum Ankerplatz vor Tadine auf Maré. Wenn der Wind jetzt schon auf Süd ist, müsste es ja vielleicht gehen. Es gibt eh keine brauchbare Alternative. Oder doch? Versuchen wir es mal mit Beidrehen. Kutterfock back an Backbord, gerefftes Groß an Steuerbord, Ruder hart Backbord. Das Schiff steht, Null Fahrt durchs Wasser, aber da für diese Nummer zu wenig Wind ist (mittlerweile wieder nur noch 12 Knoten), taumelt der Kahn wie blöde. Also doch wieder segeln. Nordkurs. Fast den gleichen Weg zurück. Bis zum Ankerplatz sind es etwa 20 Meilen. Jetzt haben wir den Wind wieder von achtern und er wird schwächer. Um drei Uhr deshalb wieder Motor an. Langsam reicht's mir! Hätten wir doch nach Süden weiterfahren können? Die See ist kabbelig ohne Ende. Bin sehr gespannt, wie es am Ankerplatz aussieht. Zu allem Überfluss hat sich auch noch der Steuerkompass des Autopiloten aufgehängt, so dass wir plötzlich wieder ungewollt in Gegenrichtung fahren. Müssen wir den Fluxgate also auch noch kalibrieren. Das geht aber nur bei ruhigem Wasser, in dem man zwei langsame Vollkreise fahren muss. Na toll, wo und wann sollen wir das denn machen?

Um 0430 versuche ich einmal, die Hana Iti anzufunken. Und tatsächlich: Didier antwortet. Sie sind ein paar Stunden nach uns in Port Vila gestartet und sind noch genauso weit vom Ankerplatz entfernt, wie wir. Etwa 5 Meilen. Nur, dass sie von Norden kommen und wir von Süden. Letztlich ankern sie ein paar Minuten nach uns. Später kommt auch noch die Cassiopée.

Tadine ist ein kleiner Ort im Westen von Maré, der südlichsten der Loyalty Islands, die zu Neukaledonien gehören. Es gibt eine Pier, an der vor ein paar Stunden ein Frachter festgemacht hat, der uns zuvor auf See überholt hatte. Als wir uns dem Ufer nähern, können wir trotz des schwachen Lichts um 0545, bereits bei 22 Meter Wassertiefe klar den Grund erkennen, bzw. die einzelnen Korallenblöcke, die sich vom weißen Sand abheben. So klares Wasser hatten wir schon ewig nicht mehr. Um 6 Uhr ist der Anker auf dem Grund, in 14 Meter Tiefe, 60 Meter Kette, mit 2300 Rückwärtsumdrehungen eingefahren. Hält bombig. Das ändert aber leider nichts daran, dass hier eine mordsmäßig diffuse Kreuzsee schwabbelt (muss noch vom Westwind herrühren), die die Gipsy unkontrolliert und heftig taumeln lässt. Christine wird dabei selbst hier am Ankerplatz schlecht, sobald sie etwas anderes tut, als ausruhen.

Nach dem Frühstück hauen wir uns für 3 oder 4 Stunden aufs Ohr. Erstmals nach einer Passage habe auch ich das Gefühl, durchaus etwas Schlaf nötig zu haben. Zwei Nächte mit nur halbstündigen Schlafperioden nacheinander machen sich dann doch bemerkbar.

Gegen Mittag kommt nach den vormittäglichen Regenschauern zumindest die Sonne raus und das Wasser ist etwas ruhiger geworden. Hier werden wir nicht an Land gehen, weil man auf den Loyalties leider nicht einklarieren kann. Wir warten also sehnsüchtig auf passendes Wetter für den Schlag nach Neukaledonien. Wenn wir nicht tagelang hier schaukeln wollen, werden wir wohl mit einer subopitmalen Lösung starten müssen, denn ein stabiler Passatwind ist auf absehbare Zeit nicht in Sicht.

Generell muss man mal feststellen, dass der westliche Pazifik segeltechnisch nicht besonders cruiserfreundlich ist. Kaum stabile Passatwinde wie im Atlantik oder östlichen Pazifik. Ständig Winddrehungen, viel Bewölkung, Squalls, permanente Änderungen jeglicher Art. Klar, dass das im Detail nicht vorhergesagt werden kann. Und selbst wenn, man müsste es dann doch so nehmen, wie es kommt. Wir haben ja jetzt nicht einmal ein 3-Tages-Wetterfenster gefunden, was uns eine gute Passage von Port Vila nach Noumea ermöglicht hätte.

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