Freitag, 21. November 2014

Erhabenes Sevusevu

Donnerstag, 13. November 2014, Fulaga, südl. Lau-Gruppe, Fiji. Sevusevu mit Grog Party, Dorfrundgang und Tee-Einladung von Joe und Tara

Bevor ich vergesse, es zu erwähnen: Auch hier gibt es natürlich super Fotomotive und tolle Bilder. Aber es gibt nicht einmal ein Telefonnetz auf Fulaga, geschweige denn, Internet. Fotos wird es also erst geben, nachdem wir von hier weg und wieder irgendwo mit Netzverbindung sind.

Wir haben super geschlafen bei spiegelglattem Wasser. Kein Ton zu hören! Nach dem Frühstück fahren wir zum Strand, der auschließlich aus Muschelhälften besteht, tragen das Dinghy ein paar Meter ins Trockene und machen uns auf den Weg. Aus den Informationen anderer Segler, die wir aus dem Internet heruntergeladen hatten, wissen wir, dass uns 20 Minuten Fußweg auf einem Pfad ins Dorf bevorstehen, das nicht auf der Lagunen-, sondern der Ozeanseite der Insel liegt. Weil an mehreren Stellen in den Texten vor den Myriaden von Moskitos gewarnt wird, haben wir uns gut eingesprüht und bleiben tatsächlich verschont. Um Zehn sind wir, wie gestern mit Jo vereinbart, bei ihm vor dem Haus. Wir werden schon erwartet, seiner Frau Tara vorgestellt und dann zum Haus des Chiefs gebracht, wo wir ebenfalls schon erwartet werden, und zwar bereits von einer größeren Abordnung des Dorfes.

Dieses Sevusevu hat etwas sehr Zeremonielles und Erhabenes an sich. Jo stellt uns vor und überreicht die Yagona, die wir ihm zuvor zusammen mit einer hier zu entrichtenden Donation in Höhe von 50 FJD pro Boot gegeben hatten. In Vertretung des Chiefs, in dessen Haus das Ganze stattfindet, heißt uns ein Zeremonienmeister willkommen und spricht die entsprechenden Texte, die wir allesamt nicht verstehen, weil fijianisch. Dann bittet uns der Chief - der wohl schon über 80 Jahre alt ist, mit einem Krückstock geht, aber immer noch besser im Schneidersitz auf dem Boden hocken kann, als wir – neben ihm Platz zu nehmen. Ich werde aufgefordert, uns mit Bootsnamen, Crewnamen und Datum in ein kleines Heft einzutragen, in dem die Donations aufgeführt sind. Wenn hier 70 Boote im Jahr aufkreuzen, sind die 3500 Fiji-Dollar eine erhebliche Einnahme für das Dorf. In lokaler Währung müssen dafür 500 Kava-Schalen geschnitzt werden, denn diese handwerkliche Arbeit, die mit dem monatlich verkehrenden Versorgungsschiff nach Suva zum Verkauf an Touristen gebracht wird, ist die einzige monetäre Einkommensquelle des Dorfes neben den Yachties. Dann wird uns ein Gästebuch vorgelegt, mit der Bitte um Eintrag. Wir kennen eine ganze Reihe anderer Cruiser, die dort verewigt sind. Da auch Fotos darin enthalten sind, steuere ich eine Visitenkarte bei und bekomme gleich eine Tube mit Leim in die Hand gedrückt, um diese einzukleben. Dann wird uns stolz eine Sammlung von Briefen und Fotos gezeigt, die hier gewesene Segler geschickt und sich darin für die Gastfreundschaft bedankt haben. Auch darunter finden wir einige Bekannte. Schließlich werden wir zur Fotosession eingeladen, wir müssen gar nicht selbst darum bitten. Sogar die Choreographie übernimmt der Chief. Christine zur Rechten, ich zur Linken. Unsere Kamera dürfen wir einem der anderen Teilnehmer aus dem Dorf in die Hand drücken. Während der ganzen Prozedur geht immer wieder die Kavaschale in die Runde. Im Vergleich zu Nasavu ist diese Veranstaltung weniger lustig, weil nicht gesungen und getanzt wird, aber mindestens genauso beeindruckend. Halt auf eine andere Weise, aber auch hier fühlen wir uns als Gäste ganz besonders wertgeschätzt.

Anschließend werden wir von Jo durchs Dorf geführt, das ausgesprochen sauber und organisiert wirkt. Überall bleibt man stehen und spricht ein paar Sätze mit verschiedenen Leuten, u.a. auch mit den Lehrern der Schule. Am Ende der Tour landen wir in Jo’s Haus, wo Tara uns schon mit Zitronengrastee und frisch gebackenem Kuchen erwartet, der super schmeckt, obwohl er nur aus Mehl und Kokosnussmilch besteht (vielleicht ist auch noch Zucker hineingekommen, aber jedenfalls keine Eier). Tara und Jo erzählen, dass sie 20 Jahre lang in Suva, der Hauptstadt gelebt haben, wo Jo als Angestellter einer staatlichen Pharmacy gearbeitet hat. Wohl deshalb sprechen sie auch sehr gutes Englisch, was auf einer so abgelegenen Insel keineswegs selbstverständlich ist. Wir erfahren auch, dass es hier zwar einen Krankenpfleger und eine Nursing Station gibt, ein Arzt aber nur 3 mal im Jahr auf die Insel kommt. In einem krassen Notfall kann per Funk ein Flugzeug oder Hubschrauber angefordert werden.

Gegen 14 Uhr sind wir wieder an Bord zurück und verbringen den Nachmittag mit Lesen. Für die nächsten Tage haben wir schon einige Termine. Morgen sind wir zu einer Geburtstagsfeier eingeladen, am Samstag kommen Tara und Jo zu uns zum Kaffee an Bord, und am Sonntag sind wir nach dem Kirchgang zum Lunch gebeten. Und wenn wir ganz großes Glück haben, können wir Morgen oder Übermorgen das einmal pro Jahr stattfindende Balolo Rising miterleben. Worum es sich dabei handelt, werde ich berichten, wenn es soweit ist. Jedenfalls muss man dafür zu nachtschlafener Stunde aufstehen.

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Tolle Flautenstimmung am Morgen, fotografiert von Bord aus

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Mit Yagona und ein paar Geschenken im Rucksack machen wir uns um halb Zehn auf den Weg ins Dorf

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Der Strand, der etwa 700 Meter entfernt ist, besteht ausschließlich aus Muschelschalen

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Und es liegen ein paar ausgediente Einbäume herum

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Es führt ein schöner Weg nach Moana-i-Cake, auf dem es viele Moskitos geben soll. Wir spüren heute nichts davon, weil wir gut vorgesorgt haben

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Von Tara und Jo, die hier unsere hosts sind, werden wir erwartet und begrüßt. In diesem village haben sie es so organisiert, dass jeder Yacht eine host-Familie zugewiesen wird. So kommen reihum alle Familien in engeren Kontakt mit den Cruisern, wodurch sich unterm Strich sicher gewisse Vorteile ergeben.

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Im Haus des Chiefs (rechts). Der Zeremonienmeister hat unsere Yagona vor sich liegen und wickelt den größten Teil der offiziellen Zeremonie ab

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Foto mit Chief

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Aus der großen Kava-Bowl wird kräftig geschöpft

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Viele Häuser haben Solaranlagen, die von der Regierung installiert und für 18 FJD pro Monat vermietet werden. Dazu gehören Batterien und Inverter. Die Anlage von Jo hat allerdings nur einen 300 Watt Inverter, mit dem er auch nur ein paar Energiesparlampen betreibt. Für mehr würde es auch kaum reichen

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Mini bei der Arbeit. Haupteinkommensquelle des Dorfs sind Schnitzarbeiten, überwiegend Kava-Bowls, die in unterschiedlichen Größen aus einem sehr harten Holz namens Vesi, gemacht werden, das in der hier verarbeiteten Größe gar nicht in Fulaga wächst, sondern von einer Nachbarinsel geholt werden muss. Für eine Bowl dieser Größe braucht der Carver einen ganzen Tag, aber auch nur, weil die sehr groben Arbeiten mit Kettensägen ausgeführt werden. Fast die gesamte männliche Bevölkerung ist mit diesen Arbeiten beschäftigt.

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Die Unterseite der großen Schüssel wird behauen

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Dieses Werkzeug ist nicht zum Köpfen der Küken gedacht

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Tai zeigt uns stolz seine Küche

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Tom ist ein ruhiger Typ und hält sich im Hintergrund

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Erstaunlich, dass es auf dieser abgelegenen Insel Schuluniformen gibt. In der nördlichen Lau-Gruppe, auf Vanua Balavu, war das z.B. nicht der Fall

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Hier wird gerade eine Klassenarbeit geschrieben

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Mittagszeit. Mütter bringen ihren Kindern das Essen in die Schule. Einige kommen extra von den anderen Dörfern hierher

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Jo “pflückt” uns ein paar Kokosnüsse vom Baum

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Später werde ich von Jo darauf aufmerksam gemacht, dass man im Dorf keinen Hut tragen sollte. Er entschuldigt sich ausgiebig, dass er mir das nicht vorher gesagt hatte. Er wollte es nicht in der Öffentlichkeit tun und wartet damit, bis wir in seinem Haus sind

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Das rechte Häuschen ist das Post-Office

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Tee und Kuchen bei Tara und Jo

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Weil Christine sieht, dass Jo und Tara beim Lesen unserer Bootskarte Probleme haben, stiftet sie beiden je eine ausgediente Lesebrille über die sich das Paar ausgesprochen freut

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Jo “entblättert” die Kokosnüsse für uns

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Die Nursing Station wird von einem männlichen Pfleger betrieben, der für ein Jahr auf Fulaga ist und dann abgelöst wird

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Hier ist ein überhängendes Stück Felsen abgebrochen. Wird wohl nicht so häufig vorkommen, aber wenn es passiert, sollte man tunlichst nicht drunter langschwimmen

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Diese kleine Kava Bowl kaufen wir dort, wo wir den Schnitzarbeiten zugesehen haben. Wir zahlen 20 FJD, wissen aber, dass die Menschen hier, wenn die Schalen nach Suva gehen, nur 7 Dollar dafür bekommen, also etwa 3 Euro. Eine Fahrt mit dem Versorgungsschiff in die Hauptstadt kostet hin und zurück 280 Dollar. Dafür muss hier also jemand 40 solcher Schalen aus dem bockharten Holz schnitzen. Da wir den Handwerker persönlich kennengelernt haben, wird diese Schale wohl eine besondere Bedeutung für uns behalten.

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