Sonntag, 20. Mai 2012

Von Palominos nach Bonaire

Mittwoch, 16. Mai 2012, von Palominos nach Bonaire, Tag 1

Raus aus den Federn um sieben, Aufruch wie geplant um 9 Uhr. Die erste Stunde unterwegs haben wir noch schönes Wetter, doch dann kriegen wir schon den ersten Squall mit Regen und bis zu 26 Knoten Wind um die Ohren. Danach kommt eine kurze Flaute im Windschatten von Vieques und dann haut es uns den nächsten Squall aufs Dach, diesmal mit noch mehr Regen, dafür nicht ganz so viel Wind.

Wir sind mit ständigem Ein- und Ausreffen beschäftigt, bevor sich das Wetter nachmittags um drei halbwegs stabilisiert. Eineinhalb Meter Wellenhöhe, 13 Knoten Wind aus Ost. Wir fahren Vollzeug. Gegen Abend frischt der Wind etwas auf und wir nehmen das Groß weg. Bis zum Einbruch der Dämmerung steuert die Hydrovane. Als Lisa um 19 Uhr die Wache übernimmt, stellen wir um auf Autopilot.

Nachmittags wird Lisa leicht mulmig, als sie unter Deck geht und sie kommt schnell wieder nach oben. Den Wachrhytmus passen wir ihren Bedürfnissen an. Ich haue mich um 19 Uhr in die Koje, melde mich um 22 Uhr mal kurz an Deck, aber Lisa möchte noch draußen bleiben. Also schlafe ich noch einmal bis halb eins. Dann ist Wachwechsel. Im Laufe von Lisas Wache hat der Wind auf 20 Knoten zugenommen. Es steht noch die volle Genua und wir laufen 7 Knoten. Der Windgenerator kann den kompletten Strombedarf decken.

Zu meinem Wachantritt stelle ich fest, dass der Echomax offenbar ein Radarsignal empfängt. Das AIS zeigt aber nichts an und sehen können wir auch nichts. Erst eine gute halbe Stunde später "schreit" der AIS-Alarm, als das riesige Schiff mit Namen Panormos (den Namen, Kurs und Fahrt gibt das AIS bekannt) noch 8 Meilen entfernt ist. An Deck sind jetzt auch die beiden Dampferlichter zu sehen. Der Tanker oder Containerfrachter kreuzt unseren Bug 1,9 sm voraus und hat die dichteste Annäherung mit 1,0 sm Abstand an Bb. Die Lichter stehen nun so weit auseinander, dass man das Gefühl hat, das Schiff sei zum Greifen nahe.

 

016a kajak treibt

Zwischen Vieques und Puerto Rico treibt dieses Kajak. Hätten wir eines gebrauchen können, wäre das unsere Gelegenheit gewesen …

 

 

Donnerstag, 17. Mai 2012, von Palominos nach Bonaire, Tag 2

Die Nacht ist überwiegend sternenklar. Nur in der ersten Nachthälfte gibt es ein paar Blitze nördlich von uns. Gegen 4 Uhr geht die nur noch kleine Mondsichel auf, ab 5 Uhr zeigt sich der erste Dämmerungsschein im Osten. Nachdem Lisa die erste Nachthälfte an Deck verbracht hat, lasse ich sie ausschlafen, bis sie um 8 von selbst wach wird.

Der Tag bringt sonniges Wetter mit konstantem Wind aus 100 Grad und 17 Knoten, also Windstärke 5. Unsere Durchschnittsgewindigkeit von 6 Knoten über Grund entspricht genau der Planung und wir ändern den ganzen Tag über nichts an der Segelführung. Die volle Genua zieht uns durch die Karibik. Da der relative Wind meistens mit 60 Grad von Bb einfällt, kommen auch die nun 2 Meter hohen Wellen leicht vorlich, so dass wir einige ordentliche Spritzer Salzwasser abbekommen. Dummerweise gibt es auch eine leicht Leckage am vorderen Bb-Fenster, fast direkt über dem Laptop. Durch die an Deck kommende Gischt tropft es leicht. Mit einem Stück Küchentuch darunter lässt sich der Schaden aber minimieren.

Um 12 Uhr fallen wir 20 Grad ab und steuern nun 200 rechtweisend. Das Mittagessen liegt mir etwas im Magen. Ich hätte keine ganze Zwiebel in den griechischen Salat schnippeln sollen. Am Abend, Lisa hat wieder die Wache von 18 bis 24 Uhr, nimmt der Wind zu auf 20 Knoten, wie vorhergesagt. Auch das geht noch mit ungereffter Genua. Gegen 20 Uhr kreuzt ein großes Handelsschiff unser Kielwasser in 4 sm Abstand.

 

 

Freitag, 18. Mai 2012, von Palominos nach Bonaire, Tag 3

Die Nacht ist meistens sternenklar. Das tolle ist, dass auch im Wasser Millionen von Sternen funkeln. Unser Kielwasser und die Verwirbelungen, die das Ruder hinterlässt, leuchten. Obwohl es wegen des Neumonds ziemlich dunkel ist, kann man den Strudel bestimmt 2 Meter tief sehen und an der Oberfläche gibt es einzelne kleine Lichtpünktchen, die wie Kristalle auf dem Meer tanzen. Der Effekt ist fast so stark wie in der bioluminiszierenden Bucht auf Vieques, in der wir mit den Kajaks unterwegs waren.

Der Tag ist wunderbar. Ungetrübter Sonnenschein, konstanter Wind mit 17 bs 19 Knoten. Mittags um 12 haben wir unsere Luvposition erreicht und können 30 Grad abfallen. Jetzt wird es angenehmer, Wind und Wellen kommt nun etwas achterlicher als querab. Lisa hat ihre (leichte) Seekrankheit überwunden und kann sich nun auch unter Deck aufhalten und sogar lesen. Am Nachmittag hauen wir die Angelschnur über Bord. Als wir sie nach drei Stunden wieder einnehmen, hat sich die Leine aber um den Köder verwickelt und hoffnungslos darin verdrallt. Es hängt ein ganzes Spiralknäuel an den beiden Haken. Durch die starke Drehbewegung hat es die Schnur auf der gesamten Länge gedrallt. Kein Wunder, dass kein Fisch angebissen hat.

Im Laufe des Tages sehen wir 2 Handelsschiffe, in der ersten Nachthälfte noch einmal zwei weitere, die unseren Kurs, allerdings mit einigen Meilen Abstand, kreuzen. Während Lisas Wache am Abend nimmt der Wind zu, nun allerdings stärker, als prognostiziert. Ich reffe die Genua etwas. Aus den angesagten 22 Knoten werden 25, in der Spitze sogar 32. Nun bin ich froh, dass die Strategie richtig war und wir zunächst so weit südlich gefahren sind und Luv gemacht haben. Mit einem relativen Windeinfall von 115 Grad lassen sich auch solche Böen abwettern. Mit Beginn meiner Wache um 1 Uhr reffe ich ein weiteres mal. Um Mitternacht sind wir noch 65 Meilen von unserem Ziel entfernt.

 

018a tuedel am koeder

Da kann natürlich kein Fisch anbeißen. Und entwirren will ich das auch nicht. Die Angelschnur wird ca. 30 Meter kürzer

 

 

Samstag, 19. Mai 2012, Ankunft in Bonair

Die zweite Nachthälfte hat es in sich: Windgeschwindigkeit im Schnitt 25 Knoten, im Maximum 35. Wellenhöhe 3 m. Durchschnittsgeschwindigkeit über Grund 7 kn. Manchmal dreht es das Schiff so stark nach Luv, dass sehr viel Gischt ins Cockpit weht. Als ich einmal in Lee unter der Sprayhood sitze, schmiert das Heck so stark in ein Wellental weg, dass grünes Wasser aus Lee über den Süllrand kommt.

Bonaire kommt spät in Sicht. Um 06.08 Uhr sehe ich den ersten Landstreifen als der Abstand nur noch 5,7 Seemeilen beträgt. Wir passieren die Insel auf der Windseite, also im Osten, damit wir dann mit dem Wind im Lee von Bonaire den Ankerplatz ansteuern können. Den Wegpunkt, den ich vor 3 Tagen an die Südspitze von Bonaire gesetzt und mit Samstag, 8 Uhr, beschriftet hatte, passieren wir um 07.30 Uhr. Mit der Planung bin ich zufrieden.

Um 09.30 sind wir an einer Mooring vor Kralendijk, der Hauptstadt von Bonaire. 450 Seemeilen liegen hinter uns, für die wir genau 3 Tage benötigt haben. Das Wasser, auf dem wir liegen, ist glasklar, auch wenn es nicht tief ist. Wir liegen dicht vor der Uferpromenade und haben gerade mal einen Meter unterm Kiel. Die zweite Bojen, etwas weiter weg vom Land, ist leider belegt. Ankern darf man in oder vor Bonaire gar nicht, und zwar aus Naturschutzgründen. Wir haben einiges zu tun. Salzwasser vom Edelstahl waschen, die Hydrovane verstauen, dann das Dinghy auspacken, aufblasen, zu Wasser lassen, Motor montieren, usw.

Dann geht es zum Customs office zum Einklarieren. Problemlos und kostenfrei, die Immigration sitzt praktischerweise auch gleich im selben Büro. Anschließend wandern wir die Uferpromenade entlang. Auf den ersten Blick sieht man, dass diese Insel zu den Entwickelten gehört. Gute Straßen, ordentliche Gebäude, nette Geschäfte. Wir landen in einer schicken Eisdiele und essen eine gewaltige Portion. Als wir danach das Dinghy besteigen, das wir an der Zoll-Pier gelassen hatten, fällt Lisa mit einem filmreifen Vorwärtssalto über Bord. Ihre Handtasche hatte sie mir glücklicherweise schon vorher ins Boot gegeben. Aller Anfang ist schwer. Am Abend bleiben wir an Bord. Lisa kocht was leckeres und backt anschließend das erste Brot fürs morgige Frühstück.

 

 019a hydro im gegenlicht

Kurz nach Sonnenaufgang. Bei Backstagsbrise und bis zu 3 m Wellenhöhe legt es unser Boot manchmal ganz schön auf die Seite

019d gereffte genua

Halb Acht Uhr morgens, kurz vor Umrundung der Südspitze von Bonaire

019e lacre punt hinter welle

Lacre Punt Leuchtturm an der Südspitze von Bonaire

019f 32 knoten wind

Wahrer Wind hier sogar kurz einmal bei 32 Knoten. Es pfeift ganz schön

019g westseite v bonaire

Im Lee von Bonaire die ersten Häuser von Kralendijk, der Hauptstadt

 

019h gipsy vor kralendijk

Wir liegen an einer Mooring dicht vorm Strand auf 3,5 m Wassertiefe

019i schiff im haus

Eines der vielen Restaurants in Kralendijk

019j beach vor kralendijk

Die Beachfront vor Kralendijk. Die Boote liegen dicht am Ufer. Das Wasser wird schnell sehr tief

019k bunte haueser

Auch hier geht es wieder einmal karibisch bunt zu. Einkaufsstraße in Kralendijk

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