Montag, 28. Januar 2013

Curacao nach San Blas, 2. Seetag

Montag, 14. Januar 2013, von Curacao nach San Blas, 2. Tag auf See,142 Meilen, eine Welle steigt ins Cockpit

Wenn wir unterwegs sind und keinen Internetempfang haben, holen wir uns die Wetterberichte als Grib- und Textfiles via Sailmail über Kurzwelle. Auf diesem Weg werden auch die Position-Reports und Beiträge des Blogs gesendet. Das ist normalerweise eine langwierige Geschichte, weil auf den Kurzwellenfrequenzen die Übertragungsraten sehr langsam sind. Heute Nacht klappt es aber ganz hervorragend. Nie dagewesene Geschwindigkeit von 5500 bits/min (es gibt auch schon mal 200 bits/min, was dann entsprechend 27 mal länger dauert) auf 10366 khz über Daytona. Dauert nur 3 Minuten, bis Yotrep, Blogpost, und Wetteranforderung geschickt sowie 2 Gribfiles und 2 Textfiles empfangen sind.

In meiner Morgenwache ab 0600 nehme ich am Sternenhimmel erstmals bewusst das Kreuz des Südens wahr, das schon 1501 Amerigo Vespucci und anderen Seefahrern, die auf der Südhalbkugel navigierten und den Polarstern nicht sehen konnten, eine Orientierungshilfe gewesen war. Die senkrechte Achse des Kreuzes zeigt nach Süden, auch wenn der unterste Stern „Acrux“ nicht wie der Polarstern direkt über dem Pol, sondern weiter nördlich steht. Der Jupiter ist schon um kurz vor 4 aufgegangen und steht hellgelb (fast so hell, wie die Venus) am Osthimmel. Ich freue mich über die iPhone App „Star Walk“, die auch ohne Internetanbindung funktioniert und bei der Sternidentifikation hilft. Auch sagt sie perfekt den Sonnaufgang um 0711 voraus. Kann ich super kontrollieren, denn ich sehe unseren Zentralstern dunkelrot aus der blauen Kimm auftauchen.

Wir fahren wieder unseren alten Wachrhytmus, d.h. Christine geht von 21 bis 24 Uhr, 3 bis 6 Uhr, 9 bis 12 Uhr und 15 bis 18 Uhr. Ich die Zeiten dazwischen. Die Mitternachtsschicht vergeht für mich meistens recht schnell, weil ich eine geraume Zeit mit Schreiben und Funken beschäftigt bin. Während ich unter Deck bin, warnt die Elektronik vor Fahrzeugen, und alle 10 Minuten gehe ich ins Cockpit und halte Ausschau.

Am Vormittag geht der Wind auf 10 Knoten zurück und wir laufen nur noch 3,5 kn durchs Wasser. Wir probieren einmal, die Kutterfock an Stb. zu setzen. Wenn der relative Wind etwa 160 Grad von Bb. einfällt, geht das ganz gut. Bei dem schwachen Wind vergrößert sich der Abstand zur Alua auf 3 Meilen und deshalb nehmen wir, als es wieder stärker weht, das zweite Segel wieder weg und reffen die Genua etwas ein. Nun holt die Alua auf und überholt uns um 1930. Ich nehme das Reff wieder raus, aber unsere Kurse divergieren etwas. Gegen Mitternacht sind Nelly und Peter 2 Meilen an Steuerbord.

Die Temperaturen sind äußerst angenehm, sowohl an Deck im Schatten, wie auch im Schiff. Wegen des Windes braucht man nachts im Cockpit sogar ein Sweatshirt oder einen Pulli. Da schmeckt sogar Sauerkraut mit Würstchen aus der Dose.

Die Wellen sind höher geworden, jetzt etwa 2,5 Meter und mittlerweile weht es auch mit 20 Knoten, was uns Geschwindigkeiten von 6 bis 7 kn beschert, der Strom schiebt mit etwa einer Seemeile pro Stunde zusätzlich. Trotzdem sind wir eher skeptisch, ob wir Porvenir am Donnerstag noch im Hellen erreichen. Falls nicht, werden wir uns wohl eine Nacht vor dem Außen-Riff irgendwie um die Ohren schlagen müssen, denn in dieses Gebiet, das nur sehr unzureichend kartographiert ist, sollte man sich keinesfalls nachts hineinwagen.

Verflixt und zugenäht! Gerade, als ich diese Zeilen schreibe, gegen 1 Uhr, knallt eine gewaltige Welle mit Mordsgetöse ans Heck und ergießt bestimmt 50 Liter Salzwasser ins Cockpit. Leider nicht nur dahin, als wäre es nicht schon schlimm genug, dass nun sämtliche Deckspolster mit Salzwasser getränkt sind, sondern auch in unser Schlafzimmer. Wir hatten bisher immer die beiden kleinen Fenster der Achterkabine, die nach innen, ins Cockpit gehen, offen gelassen wegen der Belüftung. Regen kann dort nicht hinkommen, weil das Bimini drüber ist und bisher ist uns noch nie eine See von achtern eingestiegen. Einmal ist immer das erste Mal. Aber es ist schon verdammt ärgerlich: Eine Bettdecke, eine Seite des Bettlakens, Sitzpolster, mein Sweatshirt, Sonnenhut und die leichte Goretexjacke, beide Fotorucksäcke, Taschenlampen, diverser Kleinkram und große Flächen (Schränke, Boden, Decke) sind klatschnass vom Salzwasser. Ich wische erst mal so gut es geht, alles halbwegs trocken und störe dabei Christine, die dort ja schließlich gerade schlafen möchte. Die Möglichkeit, nasse Sachen unter Deck aufzuhängen, haben wir uns trotz grundsätzlich guter Möglichkeiten selbst dadurch reduziert, dass wir die Dusche mit Dinghy und Fendern vollgestopft haben. Nun ist es zwei Uhr und an der Zeit, den neuen Wetterbericht abzuholen.

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Goose winged, wie die Amis sagen

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An Deck geht es ihr ganz gut, aber unter Deck kann sie sich nicht sehr lange aufhalten, dann wird ihr relativ schnell mulmig.

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Avocado mit Brot zu Mittag, Sauerkraut mit Würstchen am Abend

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