Donnerstag, 12. Mai 2016

Laurentia Gatorelli

Donnerstag, 12. Mai 2016. Scarborough Marina. Besuch im Hauptzollamt am Flughafen

Ein wunderschöner Tag beginnt für uns um 8 Uhr, nachdem wir in dieser Nacht wegen des späten Zubettgehens gestern Abend (bzw. heute Morgen) für unsere Verhältnisse relativ wenig Schlaf bekommen haben. Die Sonne scheint, beim Frühstück im Cockpit ist es noch relativ frisch, aber im Laufe des Tages werden es angenehme 26 Grad.

Nachdem wir alle Papiere, immerhin 2 A4-Ordner, und sicherheitshalber auch noch den Laptop eingepackt haben, machen wir uns auf die Fahrt zum Brisbane Flughafen, denn in dessen unmittelbarer Nähe befindet sich das Hauptzollamt, zu dem wir müssen, um die Einfuhrformalitäten zu beginnen. Das Gebäude ist hochmodern und für eine Regierungsinstitution ziemlich durchgestyled. Es gibt eine Tiefgarage mit automatischem Rolltor, in dem man als Besucher gratis parken kann. Nachdem man sich bei der Security angemeldet hat, muss man eine Nummer ziehen.

Wir können unser Glück kaum fassen, denn der Wartebereich ist leer und wir sind schon die nächsten, die drankommen. Laurentia Gatorelli (Name von der Redaktion geändert) ist die Zollbeamtin, die uns am Schalter bedient. Von ihr haben wir schon gehört, leider nicht so viel Gutes. Sie ist sehr freundlich zu uns, kennt sich aber trotz ihrer offenbar langen Dienstzugehörigkeit (man kann wohl davon ausgehen, dass Zollbeamte nicht erst mit Mitte 50 oder so rekrutiert werden) nicht besonders gut aus, wie wir in den zwei Stunden erfahren, die wir dort verbringen. So erwähnt sie z.B. einmal, dass ihr Kenntnisstand 15 Jahre alt sei (bezüglich der Frage, ob wir denn nun ab jetzt Verkaufswerbung betreiben dürften) und wir doch lieber die Zoll-Jungs fragen sollten, die uns einklariert haben. Gleich zu Beginn und in weiterer Folge noch zweimal, versucht sie uns zu überzeugen, dass es doch viel einfacher wäre, einen Zollagenten für den Job anzuheuern, weil die sich doch mit dem ganzen Papierkram perfekt auskennen würden. Ich sage frank und frei, dass wir das lieber selber machen und 600 Dollar sparen wollen. Die Dame ist erstaunt, dass die Burschen für das bisschen Administration so viel Geld kassieren. Letztlich geht es den Customs-Leuten offenbar nur darum, den Antragstellern nicht ihre Formulare und Zettel erläutern zu müssen, die nämlich alles andere als selbsterklärend sind und zwar insbesondere deshalb, weil Termini verwendet werden, die kein normaler Mensch je gehört hat. Für sein Boot muss man z.B. einen mehrstelligen Code in ein Feld schreiben. Es gibt unterschiedliche, je nachdem, ob es sich um eine Yacht, ein Fischereifahrzeug, ein Paddelboot, oder irgendeine andere Art von Wasserfahrzeug handelt. Nicht etwa, dass die Beamtin sagt, trag dort mal schnell XY ein. Nein, man wird zu einem Stapel weißer Ordner verwiesen. Dort solle man in Kapitel 89 nachschlagen und den richtigen Code raussuchen.

Zu Beginn der Prozedur kriegt man einen zwanzigseitigen Stapel Papier ausgehändigt und gesagt, den müsse man erst mal durcharbeiten, um alles zu verstehen und um die zwei Seiten Formular ausfüllen zu können. In den Papieren wird mehrfach auf Internetseiten verwiesen. Ich überfliege den ganzen Krempel und mache mich gleich an die Formulare, muss aber feststellen, dass ich bei den meisten Feldern nicht weiß, was eigentlich gefragt ist. Mal kurz nachschauen, weiter vorn in den zwanzig Seiten. Nein, was die Felder bedeuten, wird dort ohnehin nicht erläutert. Dafür müsste man wohl erst den „Online-Lehrgang“ machen (oder doch zum Customs-Agenten gehen und die besagten 600 berappen). Also mit den halb ausgefüllten Zetteln wieder zum counter, wo die Lady dann doch sehr willig ist, zu helfen. Das geht ein paar Mal so hin und her. Unter anderem kann man die Kosten, die für den Transport des Bootes vom letzten ausländischen Hafen bis nach Australien angefallen sind, vom zu versteuernden Bootswert, den der Surveyor ermittelt hat, abziehen. Das gelte es sorgfältig zu berechnen, sagt Laurentia, am besten führen wir erst mal wieder „nach Hause“, um das dort in Ruhe zu machen. Nix da, das machen wir gleich hier vor Ort. Ein paar Dollar für Seekarten, Seehandbücher, Sprit, Verpflegung, Erste Hilfe Ausrüstung und Liegeplatzkosten kann man abziehen. Da wir für nix Belege haben, setze ich jeweils moderate und nachvollziehbare Werte an, die dann auch akzeptiert werden. Das Honorar des Surveyors kann man ebenfalls subtrahieren.

Dann muss man sich ausweisen. Nicht, dass dafür etwa ein Reisepass reichen würde. Dokumente werden mit Punkten bewertet, auf 100 muss man kommen. Der Reisepass zählt 70, ein nicht australischer Führerschein 25, fehlen also noch 5. Kein Problem, schließlich habe ich auch noch einen Personalausweis, Kreditkarten und was weiß ich sonst noch alles dabei. Um 13 Uhr sind wir mit Madame Gatorelli fürs Erste durch. Aber der Prozess ist deswegen noch lange nicht abgeschlossen. Es werden noch folgen: Befragungen per email, eine besondere Ungezieferkontrolle (also noch mal ein Survey, wenn wir Pech haben mit Drogenhund) und was weiß ich nicht sonst noch alles. Der ganze Aufwand, damit der australische Staat ein paar Dollars einnimmt, denn was soll der Zirkus mit der speziellen „Pest Control“ in dem Moment, wo man sich entschließt, das Boot einzuführen. Als wenn irgendwelche Viecher, seien es Termiten oder sonstige Widerlinge, Australien in Abhängigkeit davon gefährden würden, ob ihr Wohnort (also z.B. unser Schiff) formell eingeführt ist oder nicht. Wenn das Boot nämlich ohnehin schon in Down Under an der Pier liegt, was bis zu drei Jahren gestattet wird, wenn man es nicht einführen oder verkaufen, sondern irgendwann innerhalb dieser Zeit das Land wieder verlassen würde.

Mittagessen und Kaffee im Kippa-Ring Shopping-Center, wo ich dann bei der Bank auch gleich meine pinkfarbene Debit-Card in Empfang nehmen kann. Später zum Sonnenuntergang drehen wir noch unsere Walkingrunde am Strand entlang.

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Wieder um eine Erfahrung reicher. Besuch im großen Zollamt

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Sieht man hier relativ häufig. Manche Radfahrer bestücken ihre Radhelme mit Kabelbindern, um sich vor Vogelattacken zu schützen.

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